SILKE BROHM
IX. Zensur in Rußland vor 1804 und Christian von Schlözer als Zensurfall
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Die in diesem Band publizierten Briefe der deutschen Professoren Johann Gottlieb Buhle und Christian von Schlözer an den Kurator des Moskauer Lehrbezirks, Michail N. Murav’ev, geben Einblick in die praktische Umsetzung der durch Alexander I. zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Gang gesetzten Universitätsreformen, die nicht nur mit einer Neuordnung des gesamten Bildungssystems verbunden waren, sondern gleichzeitig auch mit einer Neuregelung der Zensur einhergingen. Daß – nach Jahrzehnten verstreuter und z.T. sich widersprechender Einzelerlasse, die zu Überschneidungen in den institutionellen Zensurkompetenzen, Unsicherheiten in der Handhabung sowie einer fachlichen und zeitlichen Überforderung der Zensoren geführt hatten, – dieser erste Versuch einer wirklich systematischen Zensurgesetzgebung trotz seines unverkennbaren liberalen Ansatzes nicht unproblematisch verlief, zeigte der Fall des am 4. November 1801 zum Professor für politische Ökonomie an die Universität Moskau ernannten deutschen Gelehrten Christian von Schlözer. Dieser war zuvor auf den Lehrstuhl für positives Staats- und Völkerrecht nach Dorpat berufen worden.
[1] Obwohl sich Schlözers Hochschulwechsel innerhalb des Russischen Reiches vollzog, waren die Rechte der Professoren jedoch – insbesondere was die Frage der Zensur anbelangte – an den Universitäten nicht identisch, so daß Schlözer auf Schwierigkeiten stieß, als er in Moskau von denselben Privilegien wie in Dorpat Gebrauch machen wollte.
Schlözer hatte sich in seinem Brief vom 3. März 1804 an den Kurator M. N. Murav’ev gewandt, um diesem die Einzelheiten des „Vorfalls wegen [seiner – S.B.] Tabellen“ zu schildern. Für seine von September 1803 bis Mai 1804 öffentlich gehaltene Vorlesung zur Geschichte der europäischen Reiche von der Zerstörung Roms bis zum 16. Jahrhundert hatte er beabsichtigt, eine
Erläuterung der Geschichte der britischen Inseln durch Zeittafeln und historisch-geographische Charten zu veröffentlichen, und deshalb zu Beginn des Jahres 1804 sein Manuskript bei der zuständigen Zensurbehörde, dem Zensurkomitee der Moskauer Universität, eingereicht. Seine Hoffnung auf eine umgehende Bearbeitung – die
Erläuterung sollten den Hörern seiner Vorlesung schnell zur Verfügung gestellt werden, weshalb Schlözer sie auch auf eigene Kosten drucken lassen wollte, – mußte er jedoch bald aufgeben. Um die Tafeln und ihre Druckgenehmigung entwickelte sich ein aufreibendes Hin und Her zwischen dem Verfasser und dem Komitee. Mehrfach wurden von Schlözer Änderungen verlangt, bis der Vorsitzende des Zensurkomitees der Moskauer Universität, der aus dem thüringischen Triptis stammende Rechtsprofessor Theodor Bause
[2] (russ.: Feodor Grigor’evič Bauze, 1752–1812), sogar gänzlich die Zensierung des Manuskripts ablehnte. Schlözers Vorschlag, wenigstens die nichtbeanstandeten Tafeln zum Druck zuzulassen und wegen der fraglichen Tafel den Kurator zu Rate zu ziehen, ließ man zunächst unbeachtet, wie auch seinem Wunsch, das gesamte Manuskript zurückziehen zu dürfen, nicht sofort entsprochen wurde. Wie sich herausstellte, war außerdem zu diesem Verfahren kein ordnungsgemäßes Protokoll angefertigt worden, da es sich angeblich nur um „Schritte der schonenden Freundschaft“ und nicht um einen „legalen Beschluß“
[3] gehandelt hatte. Das Zensurkomitee sah sich dann letztlich doch genötigt, die kritisierte Tafel an Murav’ev zu schicken und ihm die heikle Angelegenheit der Druckerlaubnis zu überantworten, während der Rektor Chariton A. Čebotarev (1746–1815) bei Murav’ev nachfragen ließ, ob die in Dorpat geltende Befreiung der Professoren von der Zensur nicht auch auf die Moskauer Universität ausgeweitet werden könnte. Eine Bitte, die auch Schlözer in seinem Brief an Murav’ev geäußert hatte.
Wie war die Zensur am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Russischen Reich geregelt? Welche Rolle spielten dabei die Universitäten?
Zensur vor 1804: Wer ist als Zensor geeignet?
Katharina II. hatte, nicht zuletzt durch die 1783 erfolgte Zulassung von Privatdruckereien in allen Städten des Russischen Reiches, für einen Aufschwung in der Buchproduktion gesorgt und damit Voraussetzungen für die Etablierung einer Öffentlichkeit geschaffen, freilich nicht ohne auf diese durch Zensurmaßnahmen Einfluß zu nehmen. Mit der Begutachtung der infolge vermehrt produzierten Bücher wurde die „Uprava Blagočinija“, das Sittendezernat der Polizei, betraut, die sich gleichfalls um die Benennung der Zensoren zu kümmern hatte und für alles mit der Zensur im Zusammenhang stehende verantwortlich gemacht werden konnte.
[4]
Zensurerlasse, und der Ukaz von 1783 machte in dieser Beziehung keine Ausnahme, erwiesen sich jedoch in der Praxis immer wieder als mangelhaft und änderungsbedürftig. Größtes Manko stellte eine nur bedingt zu erreichende, aber umfassend angestrebte Kontrolle aller gedruckten und eingeführten Schriften dar.
Aktuelle „Störfaktoren“ wie die Pugačev-Erhebungen (1773–1775), die arkane und kulturpolitisch brisante Übersetzungs- und Publikationstätigkeit der Moskauer Freimaurer um Nikolaj I. Novikov (1744–1818) oder eine gesteuerte mediale Vermittlung der revolutionären Ereignisse in Frankreich, verbunden mit Verschwörungslegenden, machten von Regierungsseite wieder einschränkende Maßnahmen erforderlich und führten zu Restriktionen, Repressionen und Verfolgungen sowie zu Vernichtungen von Büchern. Nicht lösbar schien darüber hinaus das Problem, für die Zensur kompetente Polizeibeamte zu finden.
Bereits 1793 hatte der Moskauer Oberkommandierende Fürst Aleksandr A. Prozorovskij (1732–1809) in einem Brief an höchste Regierungskreise in Petersburg auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich durch die Einsetzung der „Uprava Blagočinija“, also einer polizeilichen Behörde, als Zensurinstanz ergaben, und den Vorschlag unterbreitet, eine ausschließlich mit der Zensur betraute Institution zu schaffen.
[5]
Prozorovskij gab zu bedenken, daß es den Polizeibeamten nicht nur an entsprechenden Fremdsprachen- und Literaturkenntnissen mangelte, sondern sie zudem mit den in einer Stadt von der Größe Moskaus ohnehin zahlreich anfallenden polizeiüblichen Aufgaben bereits überlastet waren und daher kaum Zeit für eine gründliche Prüfung der Bücher blieb.
Zudem hatte der Erlaß von 1783, private Druckereien eröffnen zu dürfen, zu einer Flut an Büchern geführt, so daß sich Prozorovskij als Moskaus Oberkommandiererender genötigt sah, keine weiteren Privatdruckereien mehr zu gestatten. Da auch ausländische Literatur in großer Zahl nach Moskau strömte, schlug er vor, die Einfuhr aus dem Ausland gänzlich zu verbieten, da es nach Passieren der Grenze schwer war, nichterlaubte Bücher zurückzuhalten.
Möglicherweise ließ sich Katharina von diesen Überlegungen Prozorovskijs leiten, als sie die Zensurbestimmungen verschärfte und nur knapp zwei Monate vor ihrem Tod einen Erlaß am 16. September 1796 verabschiedete, in dem sie „zur Unterbindung verschiedener Unannehmlichkeiten, die sich durch den freien und unbegrenzten Druck von Büchern ergeben“ (v prekraščenie raznych neudobstv, kotoryja vstrečajutsja ot svobodnago i neograničennago pečatanija knig)
[6], die Abschaffung der Privatdruckereien und die Einrichtung eigenständiger Zensurbehörden anordnete.
Kein Buch sollte in Rußland erscheinen bzw. nach Rußland eingeführt werden, ohne eine vorherige Begutachtung und Bestätigung durch die Zensur, daß es nichts der Religion, der Staatsgesetze und der Sittlichkeit Gegenteiliges enthalte.
Die Zensur sollte an den für die Buchproduktion und Bucheinfuhr strategisch wichtigen Orten Petersburg und Moskau sowie den Hafenstädten Riga und Odessa und der Zollstation von Radzivilov geschaffen werden, fachlich abgesichert durch je einen Geistlichen und zwei weltliche Personen, per Erlaß vom 22. Oktober 1796
[7] modifiziert zu: je eine geistliche (duchovnaja), eine zivile (graždanskaja) und eine gelehrte Person (učenaja osoba), wobei letztere für die Orte Petersburg, Riga und Odessa durch die Akademie und für Moskau und Radzivilov durch die Moskauer Universität zu bestimmen waren, die zivilen Zensoren durch das Heroldsamt des Senats und die geistlichen Zensoren durch den Synod benannt wurden.
Obwohl auf diese Weise die fachliche Qualifizierung der Zensoren gegeben schien, war diese Regelung sowohl für die Akademie als auch für die Wissenschaftler letztlich unbefriedigend, denn mit der Ernennung zum Zensor schieden die entsprechenden Gelehrten aus der Akademie aus. Die Akademie verlor damit fähige Kräfte für die Forschung und den als Zensor ernannten Gelehrten blieb, wenn überhaupt, nur sehr wenig Zeit für die wissenschaftliche Tätigkeit. Der amtierende Präsident der Akademie Pavel P. Bakunin (1776–1805) versuchte, die Gelehrten wenigstens teilweise für die Wissenschaft zu erhalten und schuf entsprechende Anreize, indem er ihnen einerseits erlaubte, den Titel eines ordentlichen Akademiemitglieds weiterzuführen, und ihnen andererseits eine jährliche Rente von 200 Rubeln in Aussicht stellte unter der Bedingung, daß sie weiterhin wissenschaftliche Arbeiten bei der Akademie einreichten.
Empörung gab es indes auch seitens der zu Zensoren bestellten Gelehrten, und die Frage, woher Fachleute für Zensuraufgaben zu nehmen seien, beschäftigte nicht nur höchste Regierungs-, sondern auch akademische Kreise. In Erfüllung des Erlasses von 1796 – die Umsetzung hatte länger gedauert: zum einen durch den Regierungswechsel nach Katharinas Tod, zum anderen möglicherweise auch deshalb, weil selbst in den Reihen der Akademie nicht so schnell passsende Kandidaten zu finden waren – hatte Bakunin die Akademie-Mitglieder Semen K. Kotel’nikov
[8] (1723–1806) für Petersburg und Petr B. Inochodcev (1742–1806)
[9] für Riga sowie ein Jahr später Jakov D. Zacharov (1765–1836)
[10] für das Zollamt Radzivilov bestimmt.
Letzterer jedoch legte gegen seine Ernennung Protest beim Senat ein und brachte das Thema auf die Tagesordnung der Akademie-Versammlung. Zacharov begründete seine Kritik an der Berufung von Wissenschaftlern aus der Akademie mit deren im Statut der Akademie verankerten Pflichten, die allein in dem Erkennen und Erforschen verschiedener Wirkungen und Eigenschaften aller in der Welt vorkommenden Gegenstände bestünden.
[11]
Gleichzeitig wies er auf die Gefahr hin, neben Kotel’nikov und Inochodcev noch weitere russischsprachige Akademie-Mitglieder – noch immer gab es in der Akademie einen relativ hohen Anteil an ausländischen Gelehrten – zu verlieren, denn gerade jene würden für diese Sonderaufgabe aus der Akademie abgezogen. Einziger Ausweg – so Zacharov – sei die bereits im Akademie-Statut vorgesehene Gründung einer Universität an der Akademie, aus der Wissenschaftler auch für solche Aufgaben gewonnen werden könnten.
Als der Senat bei der Akademie-Konferenz nachfragen ließ, ob Zacharov als Zensor geeignet wäre, ergriff diese nicht nur für ihn, sondern auch für alle anderen akademischen Gelehrten Partei. In der Antwort hieß es: von Zacharov wüßte man nur als Chemiker, aber nicht als Kenner der Literatur und Politik, weswegen man seine Aussage bestätige, daß er nicht über die für einen Zensor notwendigen Fähigkeiten verfüge. Desgleichen sollte auch niemand von den anderen Akademie-Mitgliedern gegen seinen Willen für diese Aufgabe bestimmt und damit gezwungen werden, das von ihm gewählte Betätigungsfeld, nämlich die Wissenschaft, zugunsten des ihm fremden Gebietes der Zensur aufgeben zu müssen. Stattdessen schlug man vor, für diese Aufgabe auch andere, d.h. Gelehrte, die keine Akademie-Professoren waren, in Betracht zu ziehen, z.B. Lehrer am akademischen Gymnasium, unter denen schließlich tatsächlich Ersatz für Zacharov und Inochodcev gefunden wurde.
Die Zensurpolitik unter Paul I. war jedoch weniger von Diskussionen wie der oben geschilderten Auseinandersetzung zwischen Senat und Akademie um die Besetzung der Zensorstellen, als vielmehr durch zunehmende Einschränkungen in der Produktion und Einfuhr von Büchern geprägt, die letztlich darin gipfelten, daß alle für den Druck bestimmten Werke allein durch die Petersburger Zensur begutachtet werden sollten
[12] und die Einfuhr jeglicher ausländischer Schriften verboten wurde.
[13]
Zu den vielversprechenden jungen Trieben des „liberalen Frühlings“ Alexanders I. kann zweifelsohne die Aufhebung des von Paul erlassenen Einfuhrverbotes zählen
[14], das zusammen mit der Wiederzulassung privater Druckereien (auf der Grundlage des katharinäischen Erlasses vom 16. September 1796) eine der ersten Amtshandlungen des neuen Kaisers darstellte und erfolgt war „in dem Wunsch, ihnen [den ‚treuen Untertanen‘ – S.B.] alle Möglichkeiten zur Erweiterung der nützlichen Wissenschaften und Künste zu ermöglichen“ (želaja dostavit’ im vse vozmožnye sposoby k rasprostraneniju poleznych nauk i chudožestv).
Auf Anordnung vom 9. Februar 1802
[15] sollte die Zensur als selbständige Behörde sogar gänzlich abgeschafft werden, da die fünfjährige Erfahrung gezeigt hatte, daß dieses Mittel nur ungenügend zur Erreichung des verfolgten Zieles beitrüge. Stattdessen sollte die Zensur der in Privatdruckereien zu erscheinenden Bücher durch die Zivil-Gouverneure unter Zuhilfenahme der Volksschuldirektoren gewährleistet werden.
Aber auch die Einsetzung der Volksschuldirektoren als Zensoren verursachte gewisse Probleme. Bereits im März 1802 richtete der Moskauer Zivil-Gouverneur Petr Ja. Aršenevskij (1748–1811) einen Hilferuf an den Militärgouverneur Ivan P. Saltykov (1730–1805), daß die Begutachtung der Schriften nur mit einem Direktor nicht zu schaffen sei. Es müßten Gehilfen her, die sich in den Wissenschaften und Fremdsprachen auskennen. Anders als einige Jahre zuvor noch entbrannte an dieser Frage jedoch keine grundsätzliche Diskussion um die Eignung der als Zensoren eingesetzten Schuldirektoren. Saltykov verstand das Problem vielmehr als eines der Quantität und löste es entsprechend pragmatisch mit dem Hinweis, gegebenenfalls mehrere Lehrer für die Begutachtung einzusetzen.
[16]
Stellte die gestiegene Buchproduktion die Gutachter auch vor die Schwierigkeit, die Masse an Neuerscheinungen zu bewältigen, so tat das der allgemeinen Begeisterung über das Aufleben des Buchhandels, wie sie sich u.a. bei Nikolaj M. Karamzin (1766–1826) zeigte, keinen Abbruch, galten doch gerade nach den infolge der Zensurbeschränkungen publikationskargen Jahren unter Paul die neuerliche publizistische Produktivität sowie Ansätze einer literarischen Öffentlichkeit als Indizien für eine aufgeklärte Atmosphäre, wie sie zumindest in den Anfangsjahren unter Alexander bewußt geschaffen werde sollte. So ließ Karamzin seinen 1802 (Nr. 9) in der Zeitschrift
Vestnik Evropy veröffentlichten Artikel „Über den Buchhandel und die Liebe zum Lesen in Rußland“ (O knižnoj torgovle i ljubvi ko čteniju v Rossii) mit der eindrucksvollen Statistik beginnen: „Vor 25 Jahren gab es in Moskau nur zwei Buchläden, die noch nicht einmal für 10 000 Rubel im Jahr Bücher verkauften. Nun sind es bereits 20, die ca. 200 000 Rubel im Jahr Umsatz machen.“ (Za 25 let pered sim byli v Moskve dve knižnye lavki, kotorye ne prodovali v god ni na 10 tysjač rublej. Teper’ ich 20, i vse vmeste vyručajut oni ežegodno okolo 200 000 rublej.)
[17]
X. „Zur wahren Aufklärung und sittlichen Bildung“: Die Zensurverordnung von 1804 und die neuen Universitätsstatuten
Im Zusammenhang mit der Reorganisation und Vereinheitlichung des Bildungswesens war von Alexander I. auch eine grundlegende Neuregelung der Zensur in Angriff genommen worden, die ihren gesetzlich verankerten Ausdruck schließlich in der Zensurverordnung (Ustav o cenzure) vom 9. Juli 1804
[18] fand. Der unter § 2 erläuterte Hauptgegenstand dieses ersten russischen „Zensurgesetzes“ war es, „dem Publikum Bücher und Schriften zu verschaffen, die zur wahren Aufklärung und sittlichen Bildung förderlich sind, und diejenigen Bücher und Schriften zu entfernen, die diesem Zwecke entgegen sind“ (dostavit’ obščestvu knigi i sočinenija, sposobstvujuščija k istinnomu prosveščeniju uma i obrazovaniju nravov, i udalit’ knigi i sočinenija, protivnyja semu namereniju).
[19]
Im Ausland nahm man das „Censur-Regelement für das russische Reich“ mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis, wie folgende Einschätzung im
Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung verdeutlicht: „Auch diese Verordnung ist eine neuer Beweis der milden Gesinnung unseres unaussprechlich geliebten Monarchen und seines edlen Bestrebens, wahre und nützliche ‚Aufklärung über sein grosses Reich verbreiten‘ zu lassen.“
[20]
Ausgangspunkt der Bildungsreform und der mit ihr verknüpften Festlegungen zur Zensur bildeten die am 8. September 1802 erfolgte Gründung des Ministeriums für Volksaufklärung (Ministerstvo narodnago prosveščenija), dem die Universitäten künftig unterstanden, und die Bestätigung der Vorläufigen Bestimmungen zur Volksaufklärung (Predvaritel’nyja pravila narodnago prosveščenija) am 24. Januar 1803. In ihnen wurden die Rahmenbedingungen für ein modernes Bildungswesen formuliert, zu dessen Kern sechs Lehrbezirke mit je einer Universität an der Spitze gehören sollten. Die Universitäten als höchste Bildungseinrichtung hatten nicht nur die Erziehung von Staatsdienern zur Aufgabe, sondern erhielten auch eine doppelte Aufsichtsfunktion: zum einen die regelmäßige Visitation der Schulen des Lehrbezirks, zum anderen die Zensierung aller im Lehrbezirk erscheinenden Schriften (§ 30).
Wie die Universitäten diese ihnen zugewiesene Aufgabe einer präventiv arbeitenden Zensurbehörde zu erfüllen hatten, regelte die Zensurverordnung von 1804, zu deren Besonderheit es gehörte, daß das Zensurwesen nun nicht mehr länger der Polizei, sondern dem neugebildeten Ministerium für Volksaufklärung unterstellt war. Neu war auch, daß Zensur von fachlich höchstkompetenter Stelle, den universitären Lehrkräften, gewissermaßen der Bildungselite, ausgeübt werden sollte. Den Mängeln und Ungenauigkeiten vergangener Zensurgesetzgebungen wollte man mit einer detaillierten Festschreibung des Zensurverfahrens aber auch der Rechte und Pflichten der Gutachter und Begutachteten bis hin zu einer dem Zeitgeist entsprechenden liberalen Begründung der Notwendigkeit von Zensur entgegenwirken.
Konkret hieß das: Die aus Professoren und Magistern gebildeten Zensurkomitees unterstanden direkt der Universitätsleitung und hatten sowohl die in dem betreffenden Lehrbezirk zum Druck vorgesehenen Werke wie auch alle Schriften, die aus dem Ausland für Universitätsangehörige angeschafft werden sollten, zu begutachten (§ 4). Das Votum, das die Zensoren zu verantworten hatten, war schriftlich abzugeben (§ 12). Zweifelsfälle sollten von allen Mitgliedern des Komitees beraten und in einer Abstimmung entschieden werden (§ 13). Falls kein mehrheitlicher Beschluß zustande kam, war die Einbeziehung des Kurators bzw. der Oberschuldirektion (Glavnoe učilišč pravlenie) möglich (§ 14). Der Zensor hatte, wie schon in vorausgegangenen Zensurfestlegungen, darauf zu achten, daß die Schriften nichts der Religion, der Regierung und der guten Sitten Widriges enthielten. Darüber hinaus durfte auch die persönliche Ehre anderer nicht verletzt werden. Bei Beanstandungen sollten die kritisierten Stellen kenntlich gemacht und das Manuskript zur Überarbeitung zurückgegeben werden. Eine erneute Einreichung zur Druckfreigabe war durchaus möglich (§ 16).
Im Falle anderen beigebrachter Kränkungen und Angriffen auf Sittlichkeit und Moral sollten die Schriften unter Darlegung der Verbotsgründe gegenüber dem Autor einbehalten werden (§ 18). Werke, die der Religion, den Gesetzen, der Regierung oder der gesellschaftlichen Ordnung und Ruhe zuwiderliefen, mußten mit einer Anzeige bei der Regierung rechnen (§ 19).
Den Zensoren wurde in § 21 nahegelegt, unparteiisch und sachlich „mit vernünftiger Nachsicht“ (blagorazumnym snichoždeniem) zu urteilen und: „In zweifelhaften Fällen, wo irgend eine Stelle einer doppelten Auslegung unterworfen seyn könnte, ist es immer besser, sie auf die für den Verfasser vortheilhafteste Art zu deuten, als ihn zu verfolgen.“ (Kogda mesto, podveržennoe somneniju, imeet dvojakij smysl, v takom slučae lučše istolkovat’ onoe vygodnejšim dlja sočinitelja obrazom neželi ego presledovat’.)
Die „bescheidene und vernünftige Erforschung jeglicher Wahrheit“ (skromnoe i blagorazumnoe izsledovanie vsjakoj istiny) sollte durch eine „völlige die Fortschritte der Aufklärung befördernde Pressefreiheit“ (soveršennoju svobodoju tisnenija, vozvyšajuščeju uspechi prosveščenija) ermöglicht werden (§ 22).
[21]
Der Sekretär des Komitees hatte alle die Begutachtung eines Manuskripts betreffenden Vorgänge zu protokollieren (§ 31). Wurde ein Werk zum Druck nicht zugelassen, sollten unverzüglich die anderen Zensurkomitees darüber informiert werden. Im Falle der Verzögerung des Verfahrens, Ablehnung des Manuskripts und sonstiger Beeinträchtigung konnte bei der Oberschuldirektion Beschwerde eingelegt werden (§ 40) – auch dies eine Neuheit, die dazu angetan war, Zensur jenseits einer den liberalen Ideen zuwiderlaufenden Willkür zu einem für alle Beteiligten rechtmäßigen und rechtlich gesicherten, transparenten Vorgang im Sinne der Etablierung jener „die Fortschritte der Aufklärung befördernden Pressefreiheit“ zu entwickeln. In vorhergehenden Zensurerlassen hatte ein solches verbrieftes Einspruchsrecht für die durch Zensur Benachteiligten keine Rolle gespielt.
Bei Verabschiedung der Zensurverordnung existierten von den vorgesehenen sechs Universitäten des Russischen Reiches vorerst nur drei: neben der 1755 in Moskau eröffneten Universität die höheren Lehranstalten von Wilna und Dorpat,
[22] die sich jeweils durch ihre besondere (nichtrussische) Tradition auszeichneten.
Die Universität Wilna war 1579 als Jesuitenakademie gegründet und nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 durch die vom polnischen Sejm einberufene Volksbildungskommission (Komisja Edukacji Narodowej) reformiert worden. Im Zuge der Neuordnung des Bildungswesens war ein dreistufiges hierarchisches System entstanden, das von Elementar- über mittlere Schulen bis zu den Universitäten (den sog. Hauptschulen) von Krakau und Wilna reichte. Auf der horizontalen Ebene erfolgte eine Aufteilung in Lehrbezirke, die regelmäßig von den Mitgliedern der Volksbildungskommission visitiert wurden. Lehrpläne und Lehrbücher wurden über- bzw. neu erarbeitet, Lehrinhalte und -methoden den modernen Wissenschaften angepaßt.
Als im Zuge der Dritten Polnischen Teilung Litauen und damit die Universität Wilna in das Russische Reich inkorporiert wurden, war für eine gewisse Übergangszeit sogar eine Litauische Erziehungskommission gebildet worden, die im wesentlichen die Statuten der polnischen Volksbildungskommission von 1783 beibehielt. Die unter Alexander I. gestartete Reform des russischen Bildungswesens, deren Parallelen zum polnischen Modell durch die Mitarbeit eines Adam Jerzy Czartoryski (1770–1861) keineswegs zufälliger Natur waren, betrafen auch die Universität Wilna. Sie erhielt als erste, nun russische, Hochschule am 18. März 1803 (also noch vor der Bestätigung der Zensurverordnung) neue Statuten, in denen jedoch nur ein kurzen Abschnitt der Frage der Zensur gewidmet war. Demnach hatte die Universitätsversammlung jährlich aus jeder Fakultät einen Professor zum Zensor zu wählen, der für die Überprüfung der Schriften seines Fachgebietes zuständig sein und die Ergebnisse seiner Durchsicht der Universitätsleitung mitteilen sollte. Bei Bedenken hatte er die Möglichkeit, sich mit den Professorenkollegen seiner Fakultät zu beraten und deren Meinung in die Urteilsfindung einzubeziehen.
[23]
War die Universität Wilna durch ihre jesuitische bzw. polnische Vergangenheit sowie Verbundenheit mit dem polnischen Adel geprägt, kennzeichnete Dorpat wie die Ostseeprovinzen allgemein baltendeutsche, ritterschaftliche Traditionen. Beiderorts versuchte man seitens der russischen Regierung, bei der Reformierung der Universitäten auf diese historisch gewachsenen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen, was sich u.a. in der Benennung Adam Czartoryskis und Friedrich Maximilian Klingers als jeweilige Kuratoren, in der Zulassung des Polnischen bzw. Deutschen als Unterrichtssprache oder in der konfessionellen Ausrichtung der dortigen theologischen Fakultäten zeigte.
Besonderheiten der 1632 vom schwedischen König Gustav Adolf II. gegründeten, aber 1710 kriegsbedingt eingestellten Universität Dorpat
[24] ergaben sich auch dadurch, daß ihre Wiedereröffnung zwar schon von Paul I. in Angriff genommen worden war, letztlich aber erst unter Alexander I. erfolgte.
Mit seinem Erlaß vom 9. April 1798 hatte Paul I. den russischen, und damit auch baltendeutschen, Untertanen nicht nur das Studium im Ausland untersagt und allen im Ausland weilenden Studierenden binnen kürzester Zeit ins Russische Reich zurückzukehren aufgefordert, sondern auch dem Adel der Ostseeprovinzen Livland, Estland und Kurland, der von diesem Verbot besonders betroffen war, die Errichtung einer Universität unter eigener Administration in Aussicht gestellt.
[25] Obschon sich die baltischen Ritterschaften in ihrem Vorhaben einig zeigten, eine höhere Lehranstalt unter Landesverwaltung zu eröffnen, demonstrierten sie bei der Wahl des Standortes wenig Geschlossenheit. Die Meinungen oszillierten vor allem zwischen den Kurländern, die sich für „ihr“ Mitau und das dort seit 1775 bestehende Gymnasium Academicum
[26] aussprachen, und den est- und livländischen Vertretern, die die ehemalige Universität Dorpat favourisierten. Für letztere erteilte schließlich Paul am 31. März 1799 seine Zustimmung, schwenkte jedoch am Ende des Jahres 1800 nach einem Vorschlag seines Beraters, des Gouverneurs von Kurland, Peter von der Pahlen, um und gab nun Mitau den Vorzug. Die dortigen Akademie-Professoren wurden in Universitätsprofessoren „umgewandelt“. Im Dezember 1800 ergingen die ersten Neuberufungen.
[27] Die für Ende Mai 1801 geplante Eröffnung der Universität Mitau konnte jedoch wegen der gegen Paul gerichteten Palastrevolte, deren gewaltsames Opfer er wurde, nicht mehr stattfinden. Sein Nachfolger Alexander I. erteilte wieder Dorpat den Zuschlag, wo schließlich die Universität mit den ursprünglich nach Mitau berufenen Professoren offiziell am 21. April 1802 noch unter einem ständisch geprägtem Kuratorium eröffnet wurde. Dem Physikprofessor und späterem Rektor Georg Friedrich Parrot (1767–1852), einem Universitätsprofessor der ersten Stunde – er gehörte zu den Erstberufenen des Dezembers 1800 –, gelang es dann, ohne dazu von der Universitätsverwaltung ermächtigt worden zu sein, gewissermassen im Alleinritt nach Petersburg und durch persönliche Vorsprache am Hof, eine kaiserliche Umgründungsakte zu erwirken, die die ständische Institution in eine staatliche Universität umwandelte und ihr den Titel „Kaiserlich“ (Imperatorskij) verlieh. Die entsprechende Urkunde vom 12. Dezember 1802 unterstellte die Universität Dorpat dem neugebildeten Ministerium für Volksaufklärung und gewährte ihr eine „eigene Censur für alle von ihr, oder einem ihrer Mitglieder herauszugebende Schriften, wie auch für die von ihr, zu ihrem Gebrauche, aus dem Auslande verschriebenen Bücher. Die Einfuhr derselben ist, sowohl zu Wasser, als zu Lande, ungehindert erlaubt“ (sobstvennuju svoju cenzuru dlja vsech izdavaemych im, ili členami ego sočinenij, takže i dlja knig, vypisyvaemych im dlja svoego upotreblenija iz čužich kraev, privoz onych, kak morem, tak i suchom putem bezprepjatstvenno dozvoljaetsja).
[28]
Dem vorausgegangen war bereits der Erlaß vom 5. Januar 1802, der die Zensur an der Universität Dorpat
[29] eingeführt hatte. „Für eine größere Annehmlichkeit in der Gelehrsamkeit“ (dlja vjaščšago udobstva v učenosti) sollte eine Zensurkommission direkt an der Universität eingerichtet werden, nicht nur für die selbst herauszugegebenen Werke, sondern auch für die von der Universität angeschafften Schriften.
Im August 1802 wurde der Universität Dorpat die Erlaubnis erteilt, die aus dem Ausland bestellten Bücher wie auch die der einzureisenden Professoren direkt, d.h. ohne langwierige Kontrolle im Zollamt, beziehen zu dürfen. Die Universität hatte dafür zu sorgen, daß mit diesem Privileg kein Mißbrauch getrieben wurde.
[30]
Dieser Erlaß war von besonderer Wichtigkeit für die neuberufenen Professoren, die in der überwiegenden Mehrheit aus dem Ausland kamen. Um sie schnell in die Lage zu versetzen, ihre Tätigkeit an der Universität aufnehmen zu können, sollten ihre Bücher, auf die sie wegen der erst im Entstehen begriffenen Universitätsbibliothek unbedingt angewiesen waren, ohne Verzögerung die Grenze passieren dürfen. Johann Karl Simon Morgenstern (1770–1852), der am 6. Juni 1802 als Professor der „Beredsamkeit, altclassischen Philologie, Ästhetik und Geschichte der Kunst“
[31] nach Dorpat berufen worden war, hatte auf seine Privatbibliothek, die im Zollamt Riga verplombt stand, noch warten müssen, bis Alexander I. „einen besonderen Befehl zur ungehinderten Durchlassung ertheilte“.
[32]
Am 15. September 1803, also wie Wilna ebenfalls vor der Zensurverordnung von 1804, erhielt die Universität Dorpat ihre Statuten.
[33] Im Unterschied zu Wilna handelte aber dort ein umfangreicheres Kapitel mit 11 Paragraphen „Von dem Censur-Departement der Universität“
[34]. Die Universität erhielt damit nicht nur „ihre eigene Censur“ für die Werke ihrer Mitglieder und die aus dem Ausland für den universitären Gebrauch angeschafften Schriften, sondern ihr wurde auch die Zensur aller in ihrem Bezirk zu druckenden Bücher übertragen (§ 216).
Anders als in Wilna sahen die Universitätsstatuten in Dorpat bereits die Bildung eines Zensurkomitees vor, ähnlich der Festlegung in der Zensurverordnung von 1804. Das Komitee unter Vorsitz des Rektors bestand aus den fünf Dekanen, die jeder für die in ihrem Fach erscheinenden Werke verantwortlich waren. Als „Censur-Lektoren“ kamen alle Lehrkräfte der Universität in Frage (§ 217).
Die größte Besonderheit stellte § 219 dar, der die Ausnahmen von der Zensur regelte. Dies betraf neben den universitätsbehördlichen Schriften „demnächst auch alles, was unter dem Namen eines ordentlichen Professors, da er als Mitglied der Censur anzusehen ist, gedruckt werden soll; für dessen Inhalt übrigens der genannte Verfasser verantwortlich ist.“
Genau auf diese Regelung, die weder in der Zensurverordnung von 1804 noch in den Statuten der anderen Universitäten Berücksichtigung fand, bezogen sich sowohl Schlözer als auch Čebotarev in dem oben geschilderten Zensurfall, als sie um die Übertragung der Zensurfreiheit Dorpater Professoren auf die in Moskau Berufenen baten.
Schon der Göttinger Historiker Christoph Meiners (1747–1810) hatte 1805 auf die in Dorpat praktizierte „uneingeschränkte Censur-Freyheit für alle ordentlichen Professoren“
[35] hingewiesen. Im Dorpater Universitätsstatut von 1820 wurde dieses Privilegium nochmals bestätigt.
[36]
Ausgenommen von der Zensur waren darüber hinaus auch alle Bücher, „welche von ordentlichen und ausserordentlichen Professoren verschrieben“, d.h. aus dem Ausland bestellt wurden (§ 226). Um Mißbrauch entgegenzuwirken, mußten jedoch die Bücher an die Universität, nicht an den bestellenden Professor, adressiert, im eingehenden Zollamt plombiert und ihr ordnungsgemäßer Erhalt durch die Universitäts-Zensur dem Zollamt bestätigt werden (§ 224).
Erst am 5. November 1804, also über ein Jahr nach den entsprechenden Beschlüssen für Dorpat und Wilna, traten die Statuten der Universität Moskau (Ustav Imperatorskago Moskovskago Universiteta )
[37] in Kraft. Deren Kapitel 16 „Von der Druckerei und Zensur der Bücher“ (O Tipografii i Cenzure knig) konnte sich in dem Abschnitt zur Zensur auf die in der Zwischenzeit verabschiedete Verordnung vom 9. Juli 1804 stützen. Vorgesehen war das bereits bekannte Verfahren der Bildung eines Zensurkomitees unter Einbeziehung aller Professoren, Adjunkten und Magister als Lektoren zur Prüfung der eingereichten Manuskripte. Strittige Fälle sollten per Abstimmung im Zensurkomitee, notfalls durch das Universitätskonzil geklärt werden. Bei Ablehnung war es möglich, Widerspruch bei der Oberschuldirektion einzulegen.
Interessanterweise enthielt das Kapitel, wie bereits aus seinem Titel zu ersehen, auch Ausführungen zur Universitätsdruckerei, in der in erster Linie Bücher zu den an der Universität und in den Schulen ihres Lehrbezirks gelehrten Wissenschaften sowie alles, was die Universität zur Verbreitung der Wissenschaften für nötig erachtete, erscheinen sollten (§ 179). In § 180 hieß es weiter: „Zur Begutachtung der Bücher, die von Privatpersonen in der Universitätsdruckerei und im Bezirk der Universität gedruckt werden, wird an der Universität ein Zensurkomitee aus den Dekanen aller Fakultäten gebildet.“ (Dlja razsmatrivanija knig, pečataemych ot častnych ljudej v Universitetskoj Tipografii i v okruge Universiteta, učreždaetsja pri Universitete Cenzurnoj Komitet iz Dekanov vsech Otdelenij.)
Obgleich dieser Paragraph regelte, was mit den Schriften privater Personen zu geschehen hatte, legte er nicht explizit den Umgang mit den zum Druck bestimmten Werken der Professoren fest, wie auch in den folgenden Paragraphen darauf nicht eingegangen wurde. Hier war – ob nun bewußt oder unbewußt – in den ansonsten bemüht eindeutig gehaltenen Anweisungen zum Procedere der Zensur etwas offen geblieben und lud zu Interpretationen ein.
Den Professoren der Moskauer Universität waren durchaus gewisse Privilegien zugestanden worden, zumindest was die Einfuhr von Schriften aus dem Ausland betraf (§ 187): „Die Universität und Professoren bestellen ungehindert alle Werke, welchen Inhalts sie auch seien ...“ (Universitet i Professory porozn’ vypisyvajut bezprepjatstvenno vse sočinenija, kakogo by oni soderžanija ni byli ...)
Ausdrücklich ausgenommen von der Zensur waren, wie in Dorpat, die Schriften, die auf Beschluß des Konzils oder der Leitung der Universität gedruckt werden sollten, und für Moskau spezifisch, da es hier keine theologische Fakultät gab, jene, die die geistliche Obrigkeit zu begutachten hatte (§ 182).
Noch einmal Schlözer
Schlözers Auseinandersetzung mit der Zensur spielte sich in den ersten Wochen des Jahres 1804 ab, zu einer Zeit, als weder die allgemeine Zensurverordnung noch die neuen Statuten der Universität Moskau bestätigt waren, also auch das Verfahren, welches ein für den Druck vorgesehenes Buch zu durchlaufen hatte, noch nicht detailliert geregelt war. Es galten die „Vorläufigen Bestimmungen der Volksaufklärung“ (Predvaritel’nyja pravila narodnoga prosveščenija) vom 24. Januar 1803, die in der Frage der Zensur nur die Zuständigkeit der Universitäten festlegten, aber keine Aussage darüber machten, wie die Zensierung zu erfolgen habe.
Abstrahiert man eine gewisse „Empfindlichkeit“ Schlözers, der sich bereits in der Wohnungsfrage hintangestellt fühlte und „nun schon so manche unangenehme Erfahrung über die Censurstreitigkeiten anzustellen Gelegenheit gehabt“
[38] hatte, wies der Umgang des Zensurkomitees mit Schlözers Tabellen-Manuskript tatsächlich Inkonsequenzen auf, die vor allem der mangelnden Festschreibung des Procederes geschuldet sein mochten.
[39] Die Zensoren handelten zwar in dem Bewußtsein, die Zensur sei – laut Čebotarev – „eine Gerichtsbehörde“, taten, dies jedoch – eben in Ermangelung einer offiziellen „Instruktion“ – willkürlich, allein nach Gutdünken (was „in der Natur der Censur gegründet“
[40] sei). Eine Unzulänglichkeit, die den Rechtsgelehrten Schlözer, ebenso wie das fehlende Protokoll, besonders empört haben muß, wurden so doch rechtliche Schritte seinerseits gegen die widerfahrene Ungerechtigkeit unmöglich, und blieb als einziger Ausweg letztlich nur die Anrufung der nächsthöheren Instanz in Person des Kurators.
Ungeachtet der unbestrittenen Verfahrensunstimmigkeiten waren die Bedenken, die Schlözers Tabellen bei seinem Zensor Bause hervorriefen, jedoch nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, wie aus Murav’evs Brief an Schlözer vom 23. Februar 1804 hervorgeht.
Unmut hatte vor allem Schlözers tabellarische Darstellung von Ereignissen im Zusammenhang mit der Französischen Revolution geweckt, die eindeutig pro-englisch gehalten war.
Murav’ev, als Kurator insbesondere auch um die Belange der neuberufenen ausländischen Professoren besorgt, ohne darüber das Wohl und den inneren Frieden der gesamten Universität sowie die Entwicklung der Wissenschaften allgemein zu vergessen, erinnert an die Verantwortung des „Geschichtschreibers“, der weder Lobpreisungen noch Schmähschriften verfassen, sondern sich der „unparteilichen“ Darstellung der Tatsachen verpflichtet fühlen sollte, um so mehr, da eine tabellarische Form nicht unproblematisch sei, weil hier Ereignisse nebeneinander und damit auch in Zusammenhänge gestellt würden, die zu Mißverständnissen führen könnten. Schließlich mahnt er einen friedlichen Umgang der Universitätsgelehrten untereinander an und zeigt sich davon überzeugt, daß der Zensor sein Urteil nicht überheblich oder leichtfertig, sondern besonnen und begründet gefällt habe.
Schlözer, der „die Gewalt des Censors nicht bis auf die Verwerfung von mißfälligen Methoden und abweichenden Meinungen erstreckt“ sehen wollte, verteidigte in seinem Antwortschreiben an Murav’ev vom 3. März 1804 die tabellarische Methode,
[41] die eine Weiterentwicklung der anerkannten „Synchronistischen Tabellen der Voelkergeschichte“ D. G. J. Hüblers darstellt. Ihr Vorteil gegenüber den üblichen Geschichtstafeln meinte Schlözer gerade darin zu erkennen, daß die in der einen Spalte dargelegten Ereignisse in einer zweiten Spalte durch kurze Kommentare in Zusammenhang gebracht werden: „so wird das große Gemälde der Geschichte gleichsam in ein Miniaturgemälde verwandelt.“
Was seine unverhohlene pro-britische Haltung betrifft, läßt Schlözer auch hier keine Kritik zu, sondern gibt sich „als ehemaliger hannöverisch-englischer Unterthan“ betont loyal, wie er es in jetziger Stellung auch gegenüber der Regierung Alexanders I. sei.
Daß er das Verdikt einer unbedingten Unparteilichkeit, wie sie Murav’ev
[42] einfordert, für sich nicht gelten lassen will, mag auch darin begründet sein, daß Schlözer nicht nur „Geschichtschreiber“ ist. Schlözer ist auch und vor allem Rechtsgelehrter und Staatsökonom, dessen vorderrangiges Interesse der politischen und ökonomischen Verfaßtheit staatlicher Systeme gilt. Seine Sensibilität für Fragen des Rechts und der Gerechtigkeit tritt nicht nur in dem seine eigene Person betreffenden Zensurfall zu tage, sondern ist ebenfalls bestimmend für seine Forschungs- und Lehrtätigkeit. Ein Umstand, der letztlich für seine Berufung nach Moskau nicht unerheblich war. Murav’ev lobt an ihm „den wahren Geist des aufgeklärten und redlichen Gelehrten“, den „ductus Politicus“
[43] und es ist Schlözer, den Murav’ev bittet, den jungen russischen Studenten, die durch die Unversität auf den Staatsdienst vorbereitet werden sollen, die nötigen Rechtgrundlagen, wie z.B. die Grundsätze des römischen Rechts, zu vermitteln.
[44]
Außer Schlözer hatten sich gegen das Zensurverfahren auch die Moskauer Professoren A. A. Prokopovič-Antonskij (1762–1848), P. I. Strachov (1757–1813) und F. Kereszturi (1735–1811) ausgesprochen
[45], und selbst Murav’ev mußte letztlich eingestehen: „Es wäre viel beßer, wenn kein Censieren vorgefallen wäre. Die Meynungen sind so verschieden und so vielen Auslegungen fähig.“
[46]
Schlözers Werk konnte schließlich doch noch 1804 erscheinen, allerdings nicht in Moskau, sondern in Mitau mit Bewilligung der Zensur der Universität Dorpat. Damit war ein Präzedenzfall hinsichtlich der Veröffentlichungspraxis in Moskau vermieden, doch gleichzeitig dem Publikationswunsch des Verfassers entsprochen worden. Gewidmet hatte Schlözer seine Arbeit dem Kurator M. N. Murav’ev, dessen besonnener Vermittlung das Zustandekommen der Veröffentlichung erst zu verdanken war.
Der Vorschlag Schlözers und Čebotarevs, die Zensurbefreiung der Dorpater Professoren auch in Moskau anzuwenden, fand dagegen keinen Niederschlag in den neuen Moskauer Universitätsstatuten vom 5. November 1804. Mag sein, daß die erwähnte „offene“ Formulierung bezüglich der Begutachtung der Professorenwerke auch auf den „Vorfall mit den Tafeln“ zurückzuführen ist.
In die zeitgenössische publizistische Öffentlichkeit scheint dieser Vorfall nicht vorgedrungen zu sein, wie auch die Zensurforschung ihn bisher nicht berücksichtigt hat. Mit großem Interesse sind dagegen kurze Zeit später die in den neuen Universitätsstatuten verankerten Zensurregelungen öffentlich wahrgenommen und, wie auch andere unter Alexander I. in Gang gesetzte Reformen, euphorisch bejubelt wurden: „Ueber das Verfahren der Universitäten und der St. Petersburgischen Censur-Kommittät sind bisher noch keine Klagen laut geworden; auch ist nicht zu erwarten, daß von diesen Behörden jemals Veranlassung dazu gegeben werden sollte. Im Gegenteil scheinen sich bis jetzt alle die liberalste Denkungsart zur Pflicht gemacht zu haben.“
[47]
размещено 9.08.2009
* Zuerst erschienen in: Gabriela Lehmann-Carli, Silke Brohm, Hilmar Preuß
: Göttinger und Moskauer Gelehrte und Publizisten im Spannungsfeld von russischer Historie, Reformimpulsen der Aufklärung und Petersburger Kulturpolitik. Mit einer Quellentextausgabe von Teilen der Korrespondenz zwischen den Moskauer Universitätsprofessoren Johann Gottlieb Buhle sowie Christian August Schlözer und dem Kurator der Moskauer Universität Michail Nikitič Murav’ev aus den Jahren 1803 bis 1807, Frank & Timme Verlag für wissenschaftliche Literatur Berlin 2008, S. 93–113 (http://www.frank-timme.de).
[1] Siehe Berufungsurkunde (Handschriftenabt. der SUB Göttingen, Cod. Ms. Schlözer-Stiftung IV, B 46). Offiziell war Schlözer am 10.1.1802 von seiner Professur in Dorpat entbunden worden (siehe Entlassungsurkunde in der Handschriftenabt. der SUB Göttingen, Cod. Ms. Schlözer-Stiftung IV, B 47). Sein Name ist weder im Lehrerverzeichnis der Jubiläumsschrift
Die Kaiserliche Universität Dorpat 25 Jahre nach ihrer Gründung (Dorpat 1827, S. XXV–XXVII) noch im
Biografičeskij slovar’ professorov i prepodavatelej Imperatorskago Jur’evskago, byvšago Derptskago universiteta za 100 let ego suščestvovanija (1802–1902), pod redakciej G. V. Levickago, Jur’ev 1902 erwähnt.
[2] Bause war Mitglied der 1802 gebildeten Kommisssion zur Prüfung der Akademie- und Universitätsstatuten.
[3] Brief Chr. Schlözers an M. N. Murav’ev, 3.3.1804, Bl. 9 R.
[4] Polnoe sobranie zakonov Rossijskoj imperii (im weiteren als
PSZ abgekürzt) 23, 16.868, 15.5.1790.
[5] V. N. Rogožin,
Dela „Moskovskoj cenzury“ v carstvovanie Pavla I. Vyp. I: 1797 god, SPb. 1902 (=Sbornik otdelenija russkago jazyka i slovesnosti imperatorskoj Akademii nauk, LXXII, 1), S. IX–X.
[8] Kotel’nikov war Professor für Mathematik und hatte ab 1751 in Leipzig bei Gottfried Heinsius (1709–1769) und Abraham Gotthelf Kästner (1719–1800) und von 1752 bis 1756 bei Leonhard Euler (1707–1783) in Berlin studiert. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit hatte er verschiedene administrative und gesellschaftliche Funktionen inne. Bereits 1759 war er zusammen mit Stepan Ja. Rumovskij (1734–1812) als Gutachter für Aleksandr P. Sumarokovs (1717–1771) Zeitschrift
Trudoljubivaja pčela eingesetzt worden, hatte jedoch nach kurzer Zeit um Entbindung von dieser Aufgabe gebeten, zu der er sich als Mathematiker nicht in der Lage sah. Zu seiner Biographie siehe auch
Russkij biografičeskij slovar’. T. 9: Knappe–Kjuchel’beker, SPb. 1903, S. 325–327.
[9] Inochodcev hatte 1765 bis 1767 in Göttingen bei Samuel Christian Hollmann (1696–1787) und Abraham Gotthelf Kästner, der 1756 von Leipzig nach Göttingen gegangen war, studiert. Er unternahm vor allem astronomische und meteorologische Beobachtungen. Wie Kotel’nikov war er ebenfalls Mitglied der Russischen (Sprach)Akademie und an deren Wörterbucharbeit beteilig. Am 23. Juli 1799 wurde er nach seiner zeitweiligen Zensorentätigkeit zum zweiten Mal in die Akademie aufgenommen. Siehe
Russkij biografičeskij slovar’. T. 8: Ibak–Ključarev, SPb. 1897, S. 124–125.
[10] Zacharov war Professor für Chemie und hatte von 1785 bis 1790 in Göttingen studiert. Siehe
Russkij biografičeskij slovar’. T. 7: Žabokritskij–Zjalovskij, Petrograd 1916, S. 298–299.
[11] K. S. Veselovskij, „Otnošenija imperatora Pavla I k Akademii nauk. VI. Cenzura“, in:
Russkaja starina 94 (1898) maj, S. 237–246, hier: S. 238.
[12] PSZ 26, 19.386, 17.4.1800.
[13] PSZ 26, 19.387, 18.4.1800.
[14] PSZ 26, 19.807, 31.3.1801.
[16] Vgl. Rogožin, S. XVI–XVII.
[17] U.a. abgedruckt in: N. M. Karamzin,
Rycar’ našego vremeni. Poėzija, proza, publicistika, M. 2007, S. 766–770, hier: S. 766.
[19] Die deutsche Übersetzung wird zitiert nach: Heinrich Storch,
Rußland unter Alexander I. Band 4, SPb., Leipzig 1804, S. 162–175, hier: Erster Abschnitt, § 2, S. 162.
[20] Nr. 6, vom 14.1.1805, S. 51–52.
[21] §§ 21 und 22 werden in der deutschen Übersetzung von Heinrich Storch auch im
Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung (Nr. 6, vom 14.1.1805) „zur Freude jenes ächten Freundes der Menschheit“ zitiert.
[22] Geplant waren außerdem: St. Petersburg (1819 gegründet), Kazan’ (1804) und Char’kov (1805).
[23] Ustav ili Obščija postanovlenija Imperatorskago Vilenskago Universiteta, Glava 1, § 15.
[24] Zur Geschichte der Universität Dorpat mit weiterführenden Literaturangaben siehe neuestens Erich Donnert,
Die Universität Dorpat-Jur’ev 1802–1918. Ein Beitrag zur Geschichte des Hochschulwesens in den Ostseeprovinzen des Russischen Reiches, Frankfurt a.M. u.a. 2007.
[26] Erich Donnert, „Wissenschaftslehre und Bildung am Gymnasium Academicum zu Mitau 1775 bis 1806“, in: Richard Georg Plaschka, Karlheinz Mack (Hg.),
Wegenetz europäischen Geistes. Wissenschaftszentren und geistige Wechselbeziehungen zwischen Mittel- und Südosteuropa vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg, München 1983 (=Schriftenreihe des Österreichischen Ost- und Südosteuropas-Instituts; 8), S. 178–205.
[27] Lorenz Ewers (aus Schweden) für Dogmatik und theologische Moral, Martin Ernst Styx (aus Livland) für Diätetik und Arzneimittellehre, Georg Friedrich Parrot (aus Württemberg) für Physik, Georg Friedrich Pöschmann (aus Sachsen) für Geschichte und Statistik, Philipp Edmund Gottlob Arzt (aus Sachsen) für Chemie und Pharmazie, siehe
Die Kaiserliche Universität Dorpat 25 Jahre nach ihrer Gründung, S. XXV.
[28] Abgedruckt in:
Das erste Jubelfest der Kaiserlichen Universität Dorpat fünfundzwanzig Jahre nach ihrer Gründung gefeiert am 12. Dezember 1827, Dorpat 1828, S. 26–33, hier: S. 29. –
PSZ 27, 20.551.
[30] PSZ 27, 20.376, 18.8.1802.
[31] Die Kaiserliche Universität Dorpat 25 Jahre nach ihrer Gründung, S. XXVI.
[32] K. Morgenstern, „Vorbericht“, in: ders.,
Johann Winkelmann. Eine Rede von Dr. Carl Morgenstern nebst dessen Rede über den Einfluß des Studiums der griechischen und römischen Classiker auf harmonische Bildung zum Menschen, Leipzig 1805, S. VI.
[33] An ihrer Ausarbeitung war auch Morgenstern beteiligt, wie aus seiner Widmung in dem in der Universitätsbibliothek Leipzig vorhandenen Exemplar der Statuten (Signatur: Univ. 23d) zu ersehen ist: Herrn Professor Beck in Leipzig vom Redacteur des Entwurfs dieser Statuten Hofr. Morgenstern. – Christian Daniel Beck (1757–1832) war Professor für griechische und lateinische Literatur an der Universität Leipzig, zudem Universitätsbibliothekar und mehrfach gewählter Rektor.
[34] Statuten der Kaiserlichen Universität zu Dorpat. Gedruckt bey Michael Gerhard Grenzius. Universitätsbuchdruckerei [Dorpat 1803], S. 41–43.
[35] Christoph Meiners,
Geschichte der Entstehung und Entwicklung der hohen Schulen unseres Erdtheils. Vierter Band, Göttingen 1805, S. 216.
[36] Siehe „12. Kapitel: Von dem Censur-Comité der Universität. § 217“, in:
Statut der Kaiserlichen Universität Dorpat, Dorpat 1820.
[37] Eine zeitgenössische, aber nicht immer genaue deutsche Übersetzung in: Heinrich Storch,
Rußland unter Alexander I., Band 7, SPb. und Leipzig 1805, S. 87–143.
[38] Brief Chr. Schlözers an M. N. Murav’ev vom 3.3.1804, Bl. 7 R.
[39] Unklar bleibt zudem, inwieweit auch (aus heutigen Begutachtungen nicht unbekannt) persönliche Animositäten zwischen den Beteiligten, insbesondere den Fachkollegen Schlözer und Bause, der gegen Schlözer „mehrere anzügliche Reden“ geführt haben soll, eine Rolle gespielt haben.
[40] Brief Chr. Schlözers an M. N. Murav’ev vom 3.3.1804, Bl. 9 R.
[41] Obgleich er die Möglichkeit ihrer Fehlerhaftigkeit gegenüber Murav’ev einräumt.
[42] Auch an anderer Stelle erweist sich Murav’ev deutlich vorsichtiger in bezug auf die Französische Revolution. In seinem Brief vom 1. November 1804 bittet er Schlözer, den Namen des „Economisten Mirabeau“ (gemeint ist Victor de Riqueti Marquis de Mirabeau) nicht zu erwähnen, da zu leicht Assoziationen mit seinem Sohn (Honoré Mirabeau) möglich wären, an dem zu stark
„unglücklicher Weise die Mißethaten und Gräuel der Statsumwältzung kleben“.
[43] Brief M. N. Murav’evs an Chr. Schlözer vom 21.4.1803.
[44] Brief M. N. Murav’evs an Chr. Schlözer vom 4.6.1804.
[45] Brief Chr. Schlözers an M. N. Murav’ev vom 3.3.1804, Bl. 10.
[46] Brief M. N. Murav’evs an Chr. Schlözer vom 8.3.1804.
[47] Heinrich Storch,
Rußland unter Alexander I., Band 7, SPb. und Leipzig 1805, S. 392.